Welche steuerlichen Vorteile habe ich bei einem Wohnungsneubau?

Der Gesetzgeber begünstigt die Schaffung neuen Wohnraumes mit Sonderabschreibungen.

Die folgende Aufstellung soll die Regeln zur Sonderabschreibung nach §7b EStG aufzeigen:

 

Die Sonderabschreibung nach § 7b EStG

vgl. insbesondere BMF-Schreiben vom 07.07.2020

Kurzer Überblick

Sinn und Zweck: Förderung des Mietwohnungsbaus
Grundsätzlich ist nur neu geschaffener Wohnraum für eine begrenzte Zeit durch die Absetzung für Abnutzung (AfA) begünstigt

Voraussetzungen

§ 7b Abs. 1, 2 und 5 EStG

Anschaffung oder Herstellung neuer Wohnungen
  • Neue Wohnungen können durch Neuanschaffung/Herstellung
    oder Umbau/Funktionsänderung bestehender Gebäudeflächen entstehen
  • Der Auf- oder Umbau von bestehenden Gebäudeflächen ist begünstigt, wenn hierdurch neue Wohnungen entstehen, die für sich genommen die Voraussetzungen des § 181 Abs. 9 BewG erfüllen
  • Im Falle der Anschaffung ist eine Wohnung neu, wenn sie bis zum Ende des Jahres der Fertigstellung angeschafft wird, § 7b Abs. 1 Satz 2 EStG
  • Die Wohnungen müssen in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Staat, der sich aufgrund vertraglicher Verpflichtung entsprechend dem EU-Amtshilfegesetz verpflichtet hat, belegen sein

  • Der Bauantrag oder die Bauanzeige für die neue Wohnung muss nach dem 31. August 2018 und vor dem 01. Januar 2022 gestellt worden sein (Eingangsdatum bei Behörde maßgebend)

  • Die Anschaffungskosten/Herstellungskosten dürfen 3.000 Euro je Quadratmeter nicht übersteigen (sogenannter Baukostenquotient)

  • Die Wohnungen müssen im Jahr der Anschaffung oder Herstellung und in den folgenden neun Jahren der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken dienen

  • Die Sonderabschreibung wird nur insoweit gewährt, wie die Voraussetzungen der De-Minimis-Verordnung eingehalten werden, § 7b Abs. 5 EStG

Ermittlung der Anschaffungskosten § 255 Abs. 1 HGB BMF a.a.o., Rz. 40

  • Maßgebend sind die Anschaffungskosten nach § 255 Abs. 1 HGB (Kaufpreis zuzüglich Anschaffungsnebenkosten und abzüglich Minderungen); dementsprechend sind auch die Nebenkosten für den Grundstückserwerb (Notargebühren, Gerichtskosten, Grunderwerbsteuer usw.) miteinzubeziehen

  • Die Anschaffungskosten sind nach dem Verhältnis der Verkehrswerte auf Grundstück und Bebauung aufzuteilen

   

Ermittlung der Herstellungskosten § 255 Abs. 2 HGB BMF a.a.o., Rz. 43

  • Im Falle der Herstellung setzen sich die Herstellungskosten aus dem Herstellungsaufwand der Bebauung zusammen; die Anschaffungsnebenkosten für den Grundstückserwerb bleiben außer Ansatz

  • Anschaffungsnahe Herstellungskosten i.S.d. § 6 Abs. 1 Nummer 1a EStG sind zu berücksichtigen; hierbei ist besonders darauf zu achten, dass in den
    drei Jahren nach Anschaffung des Gebäudes die Fünfzehn-Prozent-Grenze nicht überschritten wird

  • Kosten für die Grundstückserschließung sind grundsätzlich nicht miteinzubeziehen, nach Ansicht des Bundesfinanzministeriums wohl aber Anschlusskosten von der Grundstücksgrenze bis zum Gebäude

Maßgebende Fläche für den Baukostenquotienten BMF a.a.o., Rz. 51

  • Das Bundesfinanzministerium für Finanzen lässt für die Flächenberechnung zwei Varianten zu: die Berechnung nach der Wohnflächenverordnung (WoFlV) und nach der Bruttogrundfläche (BGF) gemäß DIN 277 (sofern diese anhand der Bauunterlagen nachgewiesen werden kann)

  • Die Ermittlung der Wohnfläche nach WoFlV wendet das Bundesfinanzministerium modifiziert an (vergleiche BMF-Schreiben vom 07.07.2020, Rz. 51), indem es auch Nebenräume (Bodenräume, Waschküchen, Kellerräume, Trockenräume, Speicherräume, Bade- und Brauseräume, Fahrrad- und Kinderwagenräume), sowie die zur begünstigten Wohnung gehörenden Garagen in den Wohnkostenquotienten einbezieht

  • Da die Brutto-Grundfläche nach DIN 277 grundsätzlich noch etwas weiter gefasst ist, dürfte sie in der Praxis für den Steuerpflichtigen regelmäßig noch günstiger sein, da sich die Aufwendungen auf eine größere Fläche verteilen

Ermittlung des

Baukostenquotienten

BMF a.a.o., Rz. 50

Der Baukostenquotient ermittelt sich, indem alle Anschaffungskosten/Herstellungskosten durch die gesamte Fläche, auf die sich diese Kosten beziehen, geteilt werden

Der sich daraus ergebende Baukostenquotient darf 3.000 Euro/Quadratmeter nicht überschreiten

Aufteilung der AK/HK auf die Wohnungen

BMF a.a.o., Rz. 56 u. 57

  • Im Anschluss sind die Anschaffungskosten/Herstellungskosten pro Quadratmeter für die Ermittlung der Abschreibungsbeträge auf die einzelnen Wohnungen aufzuteilen; hierbei sind die dazugehörigen Nebenräume und Garagen einzubeziehen

  • Bei gemeinschaftlich genutzten Nebenräumen werden die Anschaffungskosten/Herstellungskosten entsprechend dem Anteil der Nutzfläche der neuen Mietwohnung an der Nutzfläche des gesamten Gebäudes aufgeteilt

  • Bei gemischt genutzten Gebäuden erfolgt die Aufteilung auf die einzelnen Gebäudeteile nach dem Verhältnis der Nutzflächen (allgemeine ertragsteuerliche Grundsätze); es erfolgt keine individuelle Kostenzuordnung nach Ausstattungsmerkmalen

 

Im Jahr der Herstellung und den folgenden drei Jahren können jährlich bis zu fünf Prozent der Bemessungsgrundlage neben der „regulären“ AfA nach § 7 Abs. 4 EStG in Anspruch genommen werden

Rechtsfolge & Ermittlung der AfA-Beträge
§ 7b Abs. 1 Satz 1 EStG

  • Es erfolgt im Hinblick auf die Sonderabschreibung keine zeitanteilige Berechnung bei unterjähriger Anschaffung oder Herstellung; die reguläre AfA ist hingegen zeitanteilig zu berechnen

  • Da durch die Sonderabschreibung zusätzliche AfA in den ersten vier Jahren verbraucht wird, ist nach Ablauf des Begünstigungszeitraums (nach Ablauf des Jahres der Anschaffung/Herstellung und der drei folgenden Jahre) der Restwert auf die noch verbleibende Restnutzungsdauer gemäß § 7a Abs. 9 EStG zu verteilen; andernfalls würde sich durch die Sonderabschreibung ein kürzerer AfA-Zeitraum ergeben

Begrenzung der AfA-Beträge auf 2.000 Euro/Quadratmeter

§ 7b Abs. 3 EStG BMF a.a.o., Rz. 63

  • Die Abschreibung ist auf 2.000 Euro/Quadratmeter begrenzt

  • Übersteigt der Baukostenquotient den Betrag von 2.000 Euro/Quadratmeter (liegt aber unter 3.000 Euro/Quadratmeter, andernfalls wäre die Vorschrift nicht anwendbar), beträgt die AfA-BMG 2.000 Euro x Nutzfläche der begünstigten Wohnung

  • Unterschreitet der Baukostenquotient den Betrag von 2.000 Euro/Quadratmeter, sind die tatsächlichen Kosten je Quadratmeter als AfA-BMG zugrunde zu legen

Maßgebender

Zeitpunkt

§ 7b Abs. 1 Satz 1 EStG

  • Die Abschreibung beginnt im Zeitpunkt der Anschaffung/Herstellung der Wohnung
  • Für die Bestimmung dieses Zeitpunkts sind die allgemeinen ertragsteuerlichen Grundsätze des § 11c EStDV anzuwenden

Zeitliche Anwendungsregelung und deren Folgen

§ 52 Abs. 15a EStG BMF a.a.o., Rz. 16

  • Die Inanspruchnahme der Sonderabschreibung kann erstmalig für den Veranlagungszeitraum 2018 und letztmalig für den Veranlagungszeitraum 2026 erfolgen

  • Ab 01. Januar 2027 kann die Sonderabschreibung auch dann nicht in Anspruch genommen werden, wenn der Begünstigungszeitraum noch nicht vollständig abgelaufen ist

  • Ist der Begünstigungszeitraum bis zum 01. Januar 2027 noch nicht vollständig abgelaufen, wird zwar die Sonderabschreibung nicht mehr gewährt, gleichwohl ist aber für Zwecke des § 7a Abs. 9 EStG (Verteilung des Restwerts auf die Restnutzungsdauer) der Ablauf des Begünstigungszeitraums abzuwarten

Folgen der

Veräußerung

§§ 7b Abs. 4, 23 EStG

  • Werden die Wohnungen im Jahr der Anschaffung und den folgenden neun Jahren veräußert oder dienen sie nicht der entgeltlichen Überlassung von Wohnräumen, sind die in Anspruch genommenen Sonderabschreibungen rückgängig zu machen, § 7b Abs. 4 Satz 1 Nummer 1 und 2 EStG

  • Für diese Rückgängigmachung sehen § 7b Abs. 4 Sätze 2 und 3 EStG eine eigene Korrekturvorschrift und Anlaufhemmung vor; der spätere Beginn der Verzinsung nach § 233a Abs. 2a AO gilt in diesem Falle nicht, sodass ein Zinsschaden zu befürchten wäre

  • Das Gleiche gilt, wenn der Baukostenquotient innerhalb der ersten drei Jahre nach Ablauf des Jahres der Anschaffung oder Herstellung durch nachträgliche Anschaffungskosten/Herstellungskosten überschritten werden, § 7b Abs. 4 Satz 1 Nummer 3 EStG

  • Die Zehn-Jahres-Fristen der § 7b Abs. 4 EStG und § 23 Abs. 1 Satz 1 Nummer 1 Satz 1 EStG entsprechen sich nicht; im Falle einer Veräußerungsabsicht sollte unbedingt geprüft werden, dass beide Zehn-Jahres-Fristen überschritten sind; dadurch könnte dann ein absoluter steuerlicher Vorteil erlangt werden, da die erhöhten Abschreibungsbeträge sich nicht mehr erhöhend auf den Veräußerungsgewinn der Immobilie auswirken würden

 

 

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